Die Kräuterfrau von Joachimsthal
von Marcus Fitsch
Die Schorfheide ist für Marita Witte nicht nur Heimat und Zuhause. Sie ist ein unerschöpflicher Quell wertvoller Naturschätze. Denn: Die Joachimsthalerin kennt hier wohl jedes Kraut, und sie weiß, wogegen es gewachsen ist. Ihr Wissen teilt die Kräuterexpertin gern mit jedem, der bereit ist mehr zu erfahren über die heilende und wohltuende Wirkung unserer heimischen Pflanzenwelt.
„Bewegt man sich aufmerksam durch die Natur, merkt man schnell, dass sich durchaus das ganze Jahr über jede Menge Essbares finden lässt“, erklärt Marita Witte, als sie gleich zwei Teekannen auf den Tisch stellt. Im Wohnzimmer des kleinen Häuschens herrscht eine heimelige Atmosphäre. Gastfreundschaft wird hier großgeschrieben. Von der vermeintlichen Brandenburger Zurückhaltung keine Spur. Der Tee, den Marita Witte heute serviert, ist selbstverständlich aus eigener Herstellung. Holunderblüte gibt es heute, geerntet im vergangenen Sommer, und Melisse aus dem großen Kräutergarten hinter dem Haus. „Melisse muss schonend getrocknet werden, im Ofen, bei 60 Grad, nur so bleiben die ätherischen Öle erhalten.“, erklärt die 64-Jährige.
Was den Umgang mit Kräutern und Heilpflanzen angeht, sucht die Joachimsthalerin hier in der Schorfheide ihresgleichen. Witte studiert sie bereits seit 40 Jahren. Dabei gilt die Regel: Jedes Jahr drei neue Kräuter. Angefangen habe sie dabei mit den Klassikern, mit Thymian, Salbei, Lorbeer. Schon bald seien mehr und mehr hinzugekommen. „Kräuter und Heilpflanzen richtig kennen zu lernen - das sind Welten.“, erklärt Marita Witte. Ihr umfangreiches Wissen erschließt sie sich autodidaktisch, zum Beispiel aus den mittelalterlichen Überlieferungen Hildegard von Bingens und sie taucht ein in Welt die Signaturenlehre, nach der das Aussehen von Heilpflanzen auf ihre heilenden Eigenschaften hindeutet. Salbei, in Form der menschlichen Zunge, ist gut für Hals und Rachen, Thymian, verzweigt und verästelt wie unsere Bronchien, eine Wohltat für Lunge und Atemwege.
Beinah jedes Kraut findet auch in der Küche Verwendung. Und Marita Witte kocht leidenschaftlich gern. Lange ist es sogar ihre Profession. Sie arbeitet im Familienbetrieb ihrer Eltern, dem in der Gegend beinah schon legendären Schmalfelds Restaurant und Eiscafé. 1995 übernimmt sie schließlich die Geschäftsführung. Das Restaurant versorgt Ausflügler genauso wie Einheimische und muss sich, um auch in den Jahren nach dem Mauerfall erfolgreich zu bleiben, nicht selten neu erfinden. „Zwischenzeitlich haben wir sogar Döner verkauft“, lacht die Joachimsthalerin, „erfinderisch war die Familie schon immer. Man sollte sich nie dagegen sperren, etwas Neues auszuprobieren.“ Der Schorfheide blieb Marita Witte fast ihr ganzes Leben lang treu - abgesehen von einigen aufregenden Jahren in Ostberlin, wo sie Ende der 70er-Jahre als Kellnerin im zu DDR-Zeiten berühmten Palasthotel arbeitet. Doch so spannend das Stadtleben auch ist, es dauert nicht lang und sie vermisst ihre Heimat: „Oft bin ich spontan für einige Stunden nach Hause gefahren, nur um ein bisschen Zeit in der wunderschönen Natur zu verbringen. Nach der Ausbildung war klar, dass ich so schnell wie möglich zurückkehre.“ Ihre Leidenschaft für Kräuter- und Heilpflanzen beginnt als Hobby, neben dem Beruf. Sie legt sich ihren eigenen Kräutergarten an, erweitert ihr Wissen auf Streifzügen durch die Wiesen und Wälder vor der eigenen Haustür.
Mittlerweile haben ihre zwei Söhne den Betrieb übernommen. Nur das Eiscafé ist übrig, noch immer ein beliebter Anlaufpunkt im Ort und darüber hinaus. Das Hauptgeschäft des Familienunternehmens machen heute täglich bis zu 250 Portionen Essen aus, die an die umliegenden Kindertagesstätten geliefert werden. Natürlich dürfen auch hier die liebevoll selbstgezogenen Kräuter, Gewürze und Blüten nicht fehlen. „Nicht immer wird Kindern die Ernährung zuteil, die sie wirklich brauchen. Ich finde es gut, wenn wir dazu beitragen können, das zu ändern“, freut sich Marita Witte, während sie eine große Handvoll essbarer Taglilienblüten sammelt und muss dann schmunzeln: „Und was nicht verbraucht wird, geht einfach an andere Gastronomen. Bloß nichts verschwenden!“ Zu Ihren Abnehmern gehören sogar Restaurants wie die Kochkommode in Eberswalde, die neu interpretierte Wirtshausgastronomie anbietet.
In der Küche steht Marita Witte heute nur noch privat. Umso mehr Zeit bleibt für ihre Leidenschaft. Und die teilt sie leidenschaftlich gern. Auf Kräuterwanderungen und in spannenden Vorträgen vermittelt sie ihre Welt der Kräuter und Heilpflanzen jedem, der sich dafür begeistern kann. Auf Wunsch natürlich auch in wunderschönster Schorfheider Natur.
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Dann kontaktieren Sie Marita Witte unter der Telefonnummmer 033361 . 70 685 oder
mobil 0173 . 16 38 971 oder fragen Sie in der Schorfheide-Info Joachimsthal nach.
Bilder: Stefan Escher